[ReZi] Memory - Die Stadt der Träume von Christoph Marzi

So oft er kann flüchtet Jude Finney sich auf den Highgate Cemetery, einen der ältesten Friedhöfe Londons. Hier trifft er all jene Gestalten, die an dem seltsamen Ort zwischen Traum und Realität ihre letzte Zuflucht gefunden haben. Und hier stößt er eines Nachts auf das geheimnisvolle Mädchen, das keine Erinnerungen, ja nicht einmal mehr einen eigenen Namen besitzt. Ihre Haut leuchtet. Doch zugleich fühlt sie sich warm an, wie jemand, dessen Herz noch schlägt. Bald ahnt Jude wie groß die Gefahr ist, in der die Fremde schwebt. Als er erkennt, dass er der Einzige ist, der ihr helfen kann, ist es fast schon zu spät.

Die Art von Urban Fantasy, wie man es von Harry Potter kennt (das soll KEIN Vergleich sein!), eine eher traditionelle, gute Fantasy-Story ist es, was mich an diesem Buch reizte, da ich mal wieder auf diese Sparte von Buch Lust gehabt hatte. Also hab ich mir kurzerhand diesen zweiten Band von Christoph Marzi's neuer Trilogie (??) bei einer Freundin ausgeliehen. Siehe da, ich hatte es binnen kurzer Tage auch schon wieder durch!

Wie gesagt, es war der zweite "Band", aber das einzige, was den vorherigen Teil mit diesem hier verbindet, ist der gemeinsame Ort, sonst ist die Geschichte vollkommen anders. Der Ort ist übrigens der Highgate Cemetry, auf dem die jeweiligen Protagonisten Geister sehen können, aber auch die anderen großen 7 altehrwürdigen Friedhöfe in London sind wichtig.
Jude kann schon lange Geister sehen, bevor er auf Story stößt, die ihm und seinen Geisterfreunden Rätsel aufgibt. Sie weiß nicht wer sie ist, woher sie kommt, was sie auf der Bank macht, auf der sie geschlafen hatte und ihren Namen kennt sie auch nicht, sie sucht ihre Geschichte, also wird sie erstmal Story genannt. Sie ist nicht wirklich tot, aber ihre Haut wird immer kälter und durchscheinender...
Ab diesem Zeitpunkt geht es schon so richtig los, mit dem rasanten Lauf gegen die Zeit, den Story und Jude - der sich verantwortlich fühlt, da er sie gefunden hat - laufen müssen. 

Im Gegensatz zu Heaven gibt es hier nicht nur ganz wenige Charaktere, nein, Jude's Freunde, Story's Freunde, ihre Eltern, viele sind mit von der Partie. Nicht zuletzt gibt es hier auch nicht mehr "nur" Geister, sondern in der Handlung verkörpert vieles anders, was Fantasy im Buch ist. Marzi hat ganz eigene Wesen geschaffen, gemischt mit allseits bekannten Kreaturen. Und deshalb fühlte sich der Plot wohl auch so originell und spannend an. Wenn man sich meine letzte Rezi vom Autor anschaut wird das Augenmerk wohl auf eins fallen: Meine Begeisterung für seinen Schreibstil. Und genauso war es auch hier. Christoph Marzi schafft es ohne große Worte, große Gefühle aufleben zu lassen, auch wenn sich das jetzt schnulzig anhören sollte^^
Ich hab die ganze Zeit mitgefiebert und oft nur weitergelesen, weil es einfach so angenehm war zu lesen. Da merkt man auch wieder, wie gut unsere einheimischen Schreiber für Talente sind! Ich hab mal irgendwo gelesen, dass jemand ihn "Schreibmagier" genannt hat - die Bezeichung passt wie der Apfel in den Apfelkuchen!

Während Jude und Story buchstäblich durch die Stadt hetzen und Story's verbleibende Zeit nutzen, um ihr Geheimnis zu lüften und ihr Leben zu retten, kriegt man einiges aus beider Leben mit. Durch Rückblenden von Jude erfährt man, wie Jude's Geschichte und dann Freundschaft mit den Geistern angefangen hat, sodass man ein besseres Verständnis für hier aufgeführte Fabelwesen bekommt und was Jude überhaupt für ein Mensch ist, was er in London jeden Tag eigentlich auf dem Friedhof macht. Wiederkommende Erinnerungen von Story bringen die zwei immer weiter in ihrem Abenteuer quer durch London, und wie es nicht anders kommen kann verliebt Jude sich in das Mädchen ohne Geschichte, die ihn von Anfang an verzaubert hat genau wie sie mir auch auf Anhieb sympathsich war durch ihre lockere und authentische Art. Im Personalstil wird zwar aus Judes Sicht erzählt, trotzdem hab ich ebenfalls Story nicht besser kennenlernen können, denk ich mal.
Hier möcht ich auch kurz einhaken: Es gibt ja nicht unbedingt so viele Bücher, die aus Sicht eines Jungen geschrieben sind. Und wenn, dann ist der Junge immer der ganz besondere, um den sich der Plot dreht. Bei Marzi verhält sich's aber ganz anders! Die Jungs, schön und gut, sie können Geister sehen, aber die wirklich spannenden, "besonderen Wesen" sind nicht die Erzähler, sondern die Leute, die sie treffen. Das gibt's so auch nicht oft, beziehungsweise, ich hab es noch nie sonst so gelesen^^ Nur mal so als Vermerk =)

Also, was ist mit der Liebesgeschichte, das wollt ihr wissen? Nein, hier könnt ihr nicht soviel Romantasy erwarten wie bei vielen anderen Büchern. Als Außenseiter fand sich Jude nie wirklich toll, aber als Leser merkt man, dass er nur keine Chance bekommen kontne, zu zeigen, dass er ein "toller Kerl" ist. Natürlich erkennt das Story sofort^^ Doch wegen den Umständen bleibt die Liebesgeschichte nur angenehm im Hintergrund, was für die Spannung und den Willen des Rätsels Lösung zu finden, nur antreibt.

Wer mal wieder Lust hat auf so richtig gutes Urban Fantasy á la Mortal Intruments oder Harry Potter, mit neuen und alten Fantasy-Wesen, ist hier gut aufgehoben! Es muss nicht sein, den ersten Teil zu lesen, man kann sich sofort einfinden. Marzi hat mich mal wieder völlig mit seinem beispiellosen Schreibstil umgehauen und verzaubert. Genauso ging es mir mit den Charakteren, die charmanter und authentischer nicht sein könnten. Ich habe viel erwartet und wurde nicht entäuscht. Nein, ich wusste genau, worauf ich mich freuen durfte und will die Lesestunden mit dem Buch nicht mehr missen! Es ist ein Geheimtipp für alle Urban Fantasy-Fans, die mal genug von zu viel Romance haben ;)

5 von 5 Coffee Hearts
Der Schreibmagier hat wieder zugeschlagen! Authentische Charaktere, Spannung pur - was will ich mehr? Wie sie alle sagen: Urban Fantasy vom Feinsten =D

Genre: Urban Fantasy
Verlag: Arena
Seiten: 321
Preis: Gebunden, 14, 99 €
Englisch: August 2013, TB: 8, 99 €
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Autor:
Christoph Marzi wuchs in der Eifel auf. Er begann im Alter von fünfzehn Jahren zu schreiben. Nachdem er mehrere Kurzgeschichten verfasst hatte, erschien 2004 sein Romandebüt Lycidas. 2005 wurde Marzi der Deutsche Phantastik-Preis für das beste Roman-Debüt verliehen. Seine Malfuria-Trilogie für jüngere Leser wurde auf Anhieb zum Bestseller. Christoph Marzi arbeitet als Lehrer und lebt mit seiner Frau und seinen drei Töchtern in Saarbrücken. | www.christoph-marzi.de |